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Allgemein, Technologie

Digitalisierung als Chance: Wie neue Technologien dem Fachkräftemangel bei der Bahn vorbeugen

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Susanne Stock

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Der Mangel an Personal ist ein herausforderndes Problem, mit dem viele Branchen zu kämpfen haben. Besonders in der Bahnindustrie ist der Mangel an qualifizierten Fachkräften ein dringendes Thema. Gleichzeitig spielt die Digitalisierung eine immer größere Rolle in der Bahninfrastruktur. Können Technologien wie das Internet der Dinge (IoT) oder Künstliche Intelligenz (KI) dazu beitragen, den Fachkräftemangel bei der Bahn zu bewältigen? Diese Frage beantworten wir mit einem deutlichen Ja und erläutern, worin die Chancen liegen. 

Wo man auch hinschaut, werden händeringend Mitarbeitende gesucht. Die Folgen bekommen wir alle deutlich zu spüren. Einen Handwerker zu bekommen, wird zur Glückssache. Kein Wunder: Allein im Handwerk ist die Anzahl der Auszubildenden in Deutschland seit 1985 um 49,3 Prozent zurückgegangen – von rund 690.000 auf knapp 350.000. Auch in Bereichen wie in der Gesundheits- und Pflegebranche führt Personalmangel zu herben Einschränkungen. 

Bei der Bahn bewirkt der Fachkräftemangel eine Zunahme an Verspätungen und Zugausfällen. Ein Beispiel: Durch das Fehlen von Fahrdienstleitern in den Stellwerken kommt es zu Verzögerungen bei der Entscheidung, ob ein Zug in den Bahnhof einfahren darf oder ob ein Gleis belegt werden soll. Diese Verzögerungen addieren sich und bringen den Fahrplan durcheinander. 

Das wird zum Teufelskreis: Genau diese Unzuverlässigkeit erschwert zum einen den dringend erforderlichen Umstieg auf die Schiene – und verringert zum anderen für manche potenzielle Bewerber die Attraktivität der Bahngesellschaften als Arbeitgeber. Denn viele finden die Eisenbahn zwar toll, aber nicht zwingend die Deutsche Bahn.

Fachkräftemangel bei der Bahn: DB setzt auf Einstellungsoffensive

Die Deutsche Bahn will beispielsweise dieses Jahr 25.000 Menschen einstellen. Zum Vergleich: Das entspricht der Einwohnerzahl einer Kleinstadt. Neben rund 5.500 Auszubildenden und Dual Studierenden werden ca. 4.200 Fachkräfte für die Instandhaltung von Schienen und Schienenfahrzeugen gesucht, außerdem 3.000 Personen für Bauprojekte und Bauüberwachung. Weiterhin sollen 2.100 Lokführerinnen und Lokführer, 1.600 Fahrdienstleitende, 2.200 Beschäftigte im Zugservice und 2.000 IT-Fachleute eingestellt werden.

Die Zahlen sind immens – doch letztlich sind sie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Von den 28.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die 2022 eingestellt wurden, blieben rechnerisch nur etwa 5.000 über. Ein Grund dafür ist die Überalterung der Belegschaft – Tausende der Bahner gehen in Rente. Allein bei den Lokführer geht bis 2027 jeder fünfte in den Ruhestand. Aus einer Anfrage der Grünen-Fraktion an die Bundesregierung geht hervor, dass bei der DB Netz AG bis 2030 rund 39.000 Eisenbahner in den Ruhestand gehen werden. Das sind 86 Prozent der Belegschaft.

Junge Nachwuchskräfte werden benötigt

Dr. Philipp Nagl ist Vorstandsvorsitzender der DB Netz AG. Im Interview mit Jörg Horn von Weichentraining Horn räumt er unumwunden ein, dass es ein Kraftakt sei, Fachleute zu rekrutieren, um das Unternehmen so stark zu machen, um die Aufgaben zu bewältigen. Die Bahninfrastrukturen stehen vor einem massiven Umbau, dabei boomt die Nachfrage.  

Bei der Deutschen Bahn findet ein Umdenken in Bezug auf Arbeitszeitmodelle und Arbeitsbedingungen statt – ganz anders als in den 90er und zu Beginn der 2000er Jahren, als Personal abgebaut wurde. 

Insbesondere junge Nachwuchskräfte werden dringend benötigt, die nach ihrer Ausbildung und Einarbeitungszeit wertvolle Aufgaben übernehmen können und damit die Sicherheit und Effizienz des Schienennetzes gewährleisten. Dafür erwartet sie ein abwechslungsreicher Job bei einem Arbeitgeber, der Weiterentwicklung und interne Wechsel unterstützt und sich durch kurze Dienstwege und eine familiäre und von Hilfsbereitschaft geprägte Atmosphäre auszeichnet.

Nagl und Horn sind beide überzeugte Eisenbahn-Enthusiasten – hören Sie mal ins Interview rein!

Digitalisierung gewinnt an Bedeutung vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels bei der Bahn

Vor diesem Hintergrund wird die Digitalisierung immer wichtiger. Durch den Einsatz digitaler Technologien können Prozesse in der Instandhaltung und Störungsbehebung optimiert werden. Das reduziert den manuellen Arbeitsaufwand und ermöglicht es den vorhandenen Fachkräften, sich auf anspruchsvollere Aufgaben zu konzentrieren. Die Steigerung der Effizienz und Produktivität dient dazu, dem Mangel an Fachkräften entgegenzuwirken.

Zugleich schafft die Digitalisierung der Bahninfrastruktur neue und interessante Karrieremöglichkeiten sowohl in der Forschung und Entwicklung als auch im operativen Bereich. Somit erhöht sich Anziehungskraft der Branche auch auf junge Fachkräfte. Von der Planung und Installation bis hin zur Wartung und Überwachung der digitalen Infrastruktur bieten sich vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten für digitale Elektro-Berufe wie Mechatroniker und  IT-System-Elektroniker, aber auch für technische Produktdesigner sowie Informatiker und Computerlinguisten.

IoT, KI, VR: Trendtechnologien bei der Digitalisierung der Bahninfrastruktur

Wovon sprechen wir konkret, wenn wir von neuen Technologien reden? Im Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel bei der Bahn meinen wir insbesondere diese vier Innovationen:

1. Internet der Dinge (IoT)

Das Internet der Dinge ermöglicht die Überwachung, Wartung und Instandhaltung von Infrastruktur in Echtzeit. Durch Sensoren und vernetzte Geräte können wichtige Daten in Echtzeit erfasst und analysiert werden, um frühzeitig potenzielle Probleme zu erkennen und effektive Maßnahmen einzuleiten. Sie erlauben eine Fernüberwachung und -wartung der Infrastruktur und reduzieren aufwendige Vor-Ort-Besuche bei einer gleichzeitigen Verkürzung der Reaktionszeiten bei Störungen. Dadurch wird nicht nur die Sicherheit erhöht, sondern auch die Effizienz gesteigert und Kosten gespart. Zusätzlich werden Wartungsarbeiten optimiert und Ausfälle reduziert.  Das verbessert die Verfügbarkeit des Bahnnetzes für die Fahrgäste deutlich.

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2. Künstliche Intelligenz (KI)

Wann werden an welchen Anlagen welche Wartungsmaßnahmen mit welchem Ergebnis durchgeführt? Bislang wurden solche Informationen noch nicht hinreichend umfassend und systematisch erfasst. 

Dank künstlicher Intelligenz und Machine Learning ändert sich das: KI-Algorithmen können durch eine präzise Datenanalyse Störungen im Zugverkehr vorhersagen und präventive Maßnahmen einleiten. Das Vorhersagen von Engpässen und Problemen führt zu einer Verbesserung der Betriebsabläufe und macht die Planung und Verwaltung des Schienenverkehrs effizienter.

3. Automatisierung und Robotik

Ein weiterer zukunftsweisender Lösungsansatz für den Mangel an Fachkräften in der Bahntechnik ist die Automatisierung und Robotik. Durch den Einsatz von automatisierten Systemen und Robotern können repetitive Aufgaben effizienter erledigt werden. 

Außerdem können diese Systeme auch in gefährlichen oder schwer zugänglichen Bereichen eingesetzt werden, wo es für menschliche Mitarbeiter zu gefährlich wäre. Ein Beispiel dafür sind Roboter, die in Tunneln eingesetzt werden, um Inspektionen durchzuführen und Wartungsarbeiten zu erledigen. Auch autonom fahrende Züge sind ein vielversprechender Ansatz, um dem Mangel an Lokführern entgegenzuwirken. 

4. Virtual Reality (VR)

Ein weiterer Lösungsansatz für den Fachkräftemangel bei der Bahn ist die Nutzung von virtueller Realität zur Schulung von Mitarbeitern. Durch den Einsatz von VR-Brillen können Mitarbeiter geschult werden, ohne dass sie physisch anwesend sein müssen. Das spart nicht nur Zeit und Kosten, sondern ermöglicht auch eine realitätsnahe und interaktive Schulung. 

Auch für die Wartung und Reparatur von Zügen kann VR genutzt werden, um Mitarbeiter auf komplexe Reparaturen vorzubereiten oder vor Ort anzuleiten. 

Zusammenfassung/ TL;DR:

Digitale Innovationen bieten vielversprechende Möglichkeiten, um den Fachkräftemangel bei der Bahn zu lindern. Die Bahn kann auf diese Weise nicht nur neue Mitarbeiter rekrutieren und ausbilden, sondern auch bestehende Mitarbeiter besser schulen und motivieren. Durch den intelligenten Einsatz moderner Technologien wie IoT, KI, Robotik und VR können Prozesse effizienter gestaltet werden, was zu einer Entlastung des Personals führt. Dadurch kann die Bahnindustrie ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken und die Mobilität der Menschen nachhaltig verbessern.  

  • KI und Robotik ermöglichen die Automatisierung von Prozessen, die zuvor manuell durchgeführt wurden. Dies reduziert die Abhängigkeit von menschlicher Arbeitskraft und eliminiert Engpässe durch den Fachkräftemangel.
  • Durch IoT können Daten in Echtzeit erfasst und analysiert werden, um Wartungsbedarf von Zügen und Schieneninfrastruktur vorherzusagen (Predictive Maintenance). Dadurch können potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und behoben werden, was zu einer verbesserten Sicherheit und Zuverlässigkeit des Schienennetzes führt. Zudem können Ressourcen effizienter genutzt werden. 
  • Durch den Einsatz von automatisierten Systemen können repetitive Aufgaben schneller erledigt werden, was die Arbeitsbelastung der Fachkräfte reduziert und ihnen ermöglicht, sich auf anspruchsvollere Aufgaben zu konzentrieren und ihre Sicherheit zu gewährleisten.