Die Mobilität spielt eine entscheidende Rolle in unserem täglichen Leben. Sie beeinflusst, wie wir zur Arbeit kommen, wie wir Güter transportieren und wie wir unsere Freizeit gestalten. Angesichts der Herausforderungen im Bereich des Klimawandels und der Verkehrsüberlastung wird die Verkehrswende immer dringlicher. Eine nachhaltige, effiziente und sichere Mobilität ist das Ziel. Und hier kommen Daten ins Spiel. Daten werden in der Gestaltung der Verkehrswende an Relevanz gewinnen. Das gleiche gilt für Datenräume und -plattformen. Denn nur wenn Daten geteilt werden, können sie auch bestmöglich genutzt werden. Wie profitieren Marktteilnehmer und Nutzer der Mobilität im Allgemeinen und der Eisenbahn im Speziellen von Datenräumen und Data Sharing Communities wie dem Mobility Data Space?
Intelligente Verkehrssysteme für eine reibungslose Reise: Die Rolle der EU-Richtlinie
Die Verkehrswende ist ein komplexes Ziel, das die Umstellung auf nachhaltigere Verkehrsmittel und -systeme erfordert. Daten spielen dabei eine zentrale Rolle, da sie die Grundlage für Innovationen und Veränderungen bilden.
Bereits seit 2019 sind Verkehrsbehörden, Verkehrs- und Infrastrukturbetreiber sowie Anbieter von nachfrageorientierten Verkehrsangeboten dazu verpflichtet, ihre Reise- und Verkehrsdaten zu teilen. Dazu dienen sogenannte Nationale Zugangspunkte (NAP, National Access Point). In Deutschland beispielsweise ist das die Mobilithek des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), das den bisherigen Mobilitäts Daten Marktplatz (MDM) abgelöst hat. Einen Überblick über die NAP der anderen Länder finden Sie hier.
Hintergrund sind die Verordnungen zur europäischen Richtlinie für Intelligente Verkehrssysteme (IVS). Sie sehen vor, dass Menschen schon bei der Planung ihrer Reise innerhalb der EU und währenddessen Zugang zu multimodalen Informationen zu ihren Trips haben.
Von der Pflicht zur Kür: Vom NAP zum Data Space
Bei den knapp 13.500 Datenpaketen (Stand: Oktober 2023) auf dem deutschen NAP, der Mobilithek, handelt es sich zum weit überwiegenden Teil um offene Daten, die ohne Lizenz genutzt werden können. Sie werden in erster Linie auf gesetzlicher Grundlage veröffentlicht.
Um umfassende neue Mobilitätsangebote zu entwickeln, kommen jedoch noch weitere Daten ins Spiel. Viele von ihnen halten auf dem Mobility Data Space (MDS) Einzug und können von dort aus unter Wahrung von Eigentumsrechten gehandelt werden.
Der MDS wird als Vorzeigeprojekt der europäischen Cloud-Initiative Gaia-X angesehen und dient als Vorbild für die Entwicklung weiterer Datenräume. Die Non-Profit-Organisation DRM Datenraum Mobilität GmbH, die aus einem Projekt der acatech Stiftung entstanden ist, ist der Träger; die Förderung des MDS erfolgt durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).
Karl-Heinz Streibich ist Präsident der acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, die am Aufbau des MDS maßgeblich beteiligt ist. Er sagt: „Relevante Daten und deren Verwendung erschließen eine Schlüsselressource unserer Zeit. Das gilt insbesondere für die Mobilität. Der souveräne Austausch von relevanten Daten ist für unsere Gesellschaft von zentraler Bedeutung.“
Er betont die Angebotsbreite der Daten, die den MDS von anderen Plattformen unterscheidet: „Der Mobility Data Space ermöglicht allen, die die Mobilität der Zukunft mitgestalten wollen, den gleichberechtigten, transparenten und selbstbestimmten Austausch einer breiten Palette an Mobilitätsdaten: von der aktuellen Wettersituation über Informationen zu Baustellen bis hin zur Luftqualität.“
In seiner europapolitischen Grundsatzrede an der Karls-Universität in Prag im August 2022 betont Bundeskanzler Olaf Scholz die Wichtigkeit eines einheitlichen, grenzüberschreitenden Raums für Mobilitätsdaten – für den Deutschland mit dem Mobilty Data Space den Anfang gemacht habe. Sein Aufruf: „Verknüpfen wir ihn mit ganz Europa! Er ist offen für alle, die etwas bewegen wollen. So können wir weltweit zum Vorreiter werden.“
Die Vorteile des Data Space für Nutzer: Mehr Flexibilität und Komfort bei der Nutzung verschiedener Verkehrsmittel
Was haben Verkehrsteilnehmer von diesem Datenaustausch? Eine ganze Menge. Nehmen wir dieses praxisnahe Beispiel:
Wenn nicht gerade im eigenen PKW gefahren wird – und das soll ja das Ziel sein – wird selten nur ein Verkehrsmittel genutzt.
Um zum Bahnhof zu kommen oder sich am Ankunftsort weiter zu bewegen, kommen neben dem Öffentlichen Personennahverkehr mit Taxi, CarSharing, E-Scooter oder Leihfahrrädern weitere Optionen ins Spiel. Dadurch, dass die Anbieter von Verkehrsmitteln ihre Daten zu Fahrplan und Standort austauschen müssen, ist das mittlerweile einfach selbst zu koordinieren:
MaaS (Mobility-as-a-Service)-Apps verbinden die unterschiedlichen Fortbewegungsmittel auf einer Plattform und gehen damit über herkömmliche ÖPNV-Apps deutlich hinaus. Selbst wenn Reisepläne sich ändern, beispielsweise durch Verspätungen, lassen sich im Nu neue Verbindungen und Möglichkeiten herausfinden – unabhängig vom Fortbewegungsmittel.
Eine solche App ist die Mobilitätsplattform Jelbi von den Berliner Verkehrsbetrieben, die 2023 zur besten Mobilitäts-App Deutschlands gewählt wurde. Über sie können mit einer einzigen Registrierung rund 70.000 Fahrzeuge gebucht und genutzt werden – von Bus und Bahn über Mieträder, E-Mopeds und E-Scooter bis zu Mietautos und Taxis.
Der Mobility Data Space: Wie Daten die Mobilität noch weiter verbessern
Mit den Daten im Mobility Data Space geht es dann noch einen Schritt weiter.
Die multimodale Mobilitätsplattform FREE NOW kombiniert die Daten der Verkehrsanbieter mit den Wetterdaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD). Nutzer können somit in Echtzeit entscheiden, welches Verkehrsmittel bei welcher Wettervorhersage am besten geeignet ist, und dieses direkt buchen – bei schönem Wetter kann es ein eScooter sein, bei strömendem Regen bietet sich dann eher ein Taxi an.
Weitere Business Cases können Sie direkt auf der Seite des MDS nachlesen.
Das Innovationspotenzial von Daten in der Mobilitätsbranche
Die vorgenannten Business Cases sind nur der Anfang. Das Innovationspotenzial durch Daten in der Mobilitätsbranche ist enorm. Marktplätze wie der MDS fördern die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Akteuren in der Mobilitätsbranche. Unternehmen können auf eine breite Palette von Daten zugreifen, um nachhaltige, effiziente und sichere Mobilitätslösungen zu entwickeln und somit eine Transformation des Verkehrssektors zu bewirken.
In diesen Bereichen ist das Innovationspotenzial durch Daten besonders hoch:
Effiziente Verkehrssteuerung
Daten über Verkehrsströme, Staus und Straßennutzung ermöglichen eine genauere Verkehrsplanung und -steuerung. Dies führt zu einem reibungsloseren Verkehr und weniger Verkehrsüberlastungen.
Emissionsreduktion
Daten ermöglichen die Überwachung und Reduzierung des CO2-Fußabdrucks im Verkehrssektor. Dies ist von entscheidender Bedeutung, um den Klimawandel zu bekämpfen.
Verkehrssicherheit
Datenbasierte Technologien wie autonomes Fahren und Fahrerassistenzsysteme sowie Systeme zur Kollisionsvermeidung tragen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit bei. Unfälle können reduziert und Leben gerettet werden.
Kundenorientierte Dienstleistungen
Durch die Analyse von Daten über das Verhalten und die Bedürfnisse der Verbraucher können maßgeschneiderte Dienstleistungen und Lösungen entwickelt werden, die die Kundenzufriedenheit steigern.
Innovation in der Bahnbranche
Insbesondere in der Bahnbranche bieten Daten die Möglichkeit zur Verbesserung des Betriebs, der Wartung und der Intermodalität. Bahnunternehmen können pünktlichere Züge anbieten, die Sicherheit erhöhen und umweltfreundlichere Lösungen fördern.
Verkehrsplanung und -management
Daten unterstützen Städte und Gemeinden bei der Planung von Verkehrsinfrastruktur und -politik. Sie ermöglichen die Identifizierung von Engpässen und die Implementierung effektiver Maßnahmen zur Verbesserung des Verkehrs.
Verkehrslogistik und Gütertransport
Im Güterverkehr ermöglichen Daten eine bessere Logistik und Routenoptimierung. Dies reduziert den Kraftstoffverbrauch und senkt die Kosten.
Dezentraler Datenaustausch auf dem Data Space: Der Schutz der Datensouveränität
Datenschutz ist ein empfindliches Thema. Diesen Zielkonflikt lösen die International Data Spaces durch ihr einzigartiges Architekturkonzept. Der MDS basiert auf einem dezentralen, DSGVO-konformen Ansatz, der den Datenaustausch direkt zwischen den Partnern ermöglicht. Die Besitzer behalten zu jedem Zeitpunkt die Datensouveränität.
Auf dem MDS selbst werden gar keine externen Rohdaten gespeichert, sondern stellt lediglich einen Datenkatalog zur Suche nach Datenangeboten und eine Infrastruktur für einen dezentralen Datenaustausch zur Verfügung. Auch Verwendungszweck und Preis stimmen die Teilnehmer untereinander ab. Zur Vereinfachung der Vertragsverhandlung unterstützt der MDS mit Musterklauseln.
Wenn sie sich sich einig werden, tauschen sie die Daten direkt untereinander über einen Konnektor (EDC-Konnektor /Industriestandard oder CaaS – Connector-as-a-Service) aus. Alle Teilnehmer werden mit einem sicheren Verfahren authentifiziert.
Den technischen Ablauf können Sie beispielsweise auf den Seiten des Fraunhofer Instituts nachlesen.
Nachhaltige Mobilität durch den Einsatz von Daten: Der Weg zur Verkehrswende
Die aktuellen Herausforderungen im Verkehrssektor können erfolgreich bewältigt werden, indem Daten genutzt werden. Sie sind essenziell, um eine nachhaltige und effiziente Mobilität zu schaffen.
Daten sind der Schlüssel für eine erfolgreiche Verkehrswende, da sie ermöglichen, die Mobilität effizienter, nachhaltiger und sicherer zu gestalten. Durch Datenmarktplätze wird die Zusammenarbeit und Innovation in der Mobilitätsbranche gefördert.
Auch für die Bahn und Bahninfrastrukturen bieten Daten und Datenplattformen spezifische Chancen, um den Schienenverkehr zu optimieren und umweltfreundlicher zu machen.
Die Zukunft der Mobilität liegt in den Händen derjenigen, die die Chancen von Daten und Datenmarktplätzen nutzen, um die Verkehrswende voranzutreiben. Lassen Sie uns diese Chancen ergreifen!